Thomas Behling

"Autofahren"

"Autofahren", 2022, 51 x 37 x 19 cm

"Uff – Wohlbefinden durch aggressive Scheinlösung kognitiver Dissonanz als hegemoniale Leitkultur"

Im Zuge des Klimawandels sind wir kurz davor, mehrere Kippmomente zu überschreiten, bei denen Kettenreaktionen ausgelöst werden, die eine nicht mehr zu stoppenden Weitererwärmung des Planeten über Jahrhunderte bedeuten – mit schweren klimatischen Veränderungen, Wetterextremen, Missernten, Hunger und Flucht apokalyptischen Ausmaßes. Ja, wirklich: glauben wir der Wissenschaft, so geht es darum, dass menschlicher Lebensraum in kontinentalen Ausmaßen verloren geht. Alles andere ist Aberglauben.

Der Gedanke daran ist sehr unangenehm, vor allem, wenn das eigene Verhalten dazu beiträgt, dass sich das Desaster nicht mehr abwenden lässt. Es gibt verschiedene Strategien, mit diesen sehr unangenehmen Gefühlen umzugehen. Eine sehr erfolgreiche Strategie ist, diejenigen zu bekämpfen, die für unsere unangenehmen Gefühle verantwortlich sind wie z. B. Wissenschaftler*innen oder andere Klimaterrorist*innen.
Dies lässt sich nach Belieben mit verschiedenen anderen Strategien kombinieren wie z. B. diverse Formen von Aberglauben oder Brettvordemkopf. Da ist vieles sehr populär, wie z. B. die Idiotie, Wirtschaft gegen Umweltschutz ausspielen zu wollen oder die Freiheit zum unbegrenzten Konsum über Menschenleben zu stellen und zur unverhandelbare Errungenschaft der Menschheit zu erheben oder eher symbolische Gesten zur Gewissensreinwaschung zu nutzen.

Wir befinden uns in der wohl schwersten Kulturkrise der Menschheitsgeschichte: Steht doch die gesamte menschliche Entwicklung der letzten 10 000 Jahre infrage. Müssen wir wirklich all das auf den Müll tun und uns zurück in die Altsteinzeit aushungern lassen – wohlgemerkt wohl in die aller düstersten Zeiten dieser, und das in dieser Düsternis auch noch bis zum Ende der menschlichen Existenz überhaupt (bei den letzten vergleichbaren Klimakatastrophen brauchte der Planet jedes Mal etwa 10 Millionen Jahre, um sich ökologisch wieder ganz davon zu erholen).
Oder können wir in letzter Sekunde (also jetzt) doch noch eine gewaltige Transformation wagen, bei der wir wirklich schöne Errungenschaften unserer Kultur hinüber retten können, ohne dass es das ganz große Desaster wird?

Uff.

Thomas Behling beschäftigt sich in seiner Arbeit mit der Frage, wie sich in dieser Situation noch Kunst machen lässt. Er möchte mit seinen aktuellen Arbeiten zu einer Reflexion der Situation beitragen. Um das Ausmaß begreifen zu können, brauchen wir eine Perspektive, die uns eine größere Distanz gibt: Seine oft historischen Fundstücken nachempfundenen Objekte ebnen Erkenntnis über die Entlarvung von Schein, Täuschung und Verklärung. Er benutze überkommene Bild-Ästhetiken, weil sich darin viel mehr von unserer heutigen Weltsicht und unserm heutigen Denken verbirgt, als uns bewusst und recht ist. Mit vermeintlichen Überbleibsel einer früheren Zeit leitet er in die Krisen und Konfliktzonen der Gegenwart, damit das, was bereits durchlebt wurde, nicht vergebens war. In seinen Arbeiten verbirgt er vieles, was wir gerne sehen würden und zeigt, wie wir sehen wollen. Dabei geht auch er mit großer Freude sich selbst auf den Leim.


Eröffnung: Freitag den 31. Mai 2024 ab 19 Uhr
31.5. – 8.6.2024
Geöffnet Samstag den 1.6. & Sonntag den 2.6. von 15:00 bis 18:00 Uhr
sowie vom 3.6. bis 8.6. nach telefonischer Vereinbarung
Eintritt frei

sporkluebue 
Freienwalder Str. 31
13359 Berlin

Tel.: 0179 859 37 44
U8 Pankstr. / S Bornholmer Str.
https://koloniewedding.de/projektraeume/spor-kluebue/